So unterstützen Sie Ihre Lernenden im Homeoffice

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Lernende im Homeoffice, no way! Hätten Sie vor einem Jahr an diese Möglichkeit gedacht? Eher wären Sie als Spassvogel oder Fantast bezeichnet, als mit dieser Idee ernstgenommen worden. Bekanntlich kam es ganz anders. Lernen im Homeoffice kann eine Chance in die Selbständigkeit sein, nicht wenig wird es jedoch zur Herausforderung, besonders wenn den Lernenden positive Bezugspersonen fehlen.

In diesem Blog-Beitrag: 

 

Eines vorweg: Jugendlichen im Homeoffice benötigen in diesen speziellen Zeiten ein persönliches Gegenüber. Distance Learning für Jugendliche benötigt die Möglichkeiten des sozialen Austausches, der Anteilnahme an Erfolg und Misserfolg, der Wertschätzung und Anerkennung. Oftmals gehen wir als Berufsbildnende davon aus, dass alles ok ist, weil der Einblick ins Homeoffice im Videocall alles normal erscheinen lässt. Im optimalen Fall entspricht dieses Bild auch der Realität. Doch lassen wir uns nicht durch den Schein trügen, es kann auch ganz anders sein.

Jugendliche im Homeoffice zu begleiten benötigt klare Strukturen, Verbindlichkeiten, Empathie, Fingerspitzengefühl und eine gute Portion Positivität.

 

Verbindlicher Rahmen

Es lohnt sich gemeinsam mit den Lernenden einen verbindlichen Rahmen zu vereinbaren. Stellen Sie sicher, dass der verbindliche Rahmen und die Sinnhaftigkeit dessen von den Lernenden auch verstanden werden. Lassen Sie die Lernenden selber Begründungen finden für die Sinnhaftigkeit der Einhaltung des Rahmens und der Regeln. Damit ist die Basis zur Umsetzung geschaffen.

Sprechen Sie mit Ihren Lernenden über den Umfang der Arbeit. Dieser soll fordern aber unter keinen Umständen überfordern. Sprechen Sie offen und transparent über die die gegenseitigen Erwartungen.

 

Arbeitszeiten

Beachten Sie die Arbeitszeiten, welche auch im Homeoffice gelten. Seien Sie präzise, wenn es um Ihre Erwartungen in Bezug auf die Arbeitszeiten geht. Die Erreichbarkeit muss gewährleistet sein. Definieren Sie auch Zeiten in den keine Erreichbarkeit besteht. Arbeitszeiten und Privatzeiten sind klar voneinander zu trennen. Geben Sie Ihren Lernenden die Möglichkeiten der Erholung. Was so logisch tönt, ist unter den aktuellen Bedingungen und digitalen Möglichkeiten kein Selbstverständnis.

 

Aufgaben

Besprechen Sie neue Aufgaben oder Lernmöglichkeiten intensiv mit Ihren Lernenden durch. Laden Sie die Lernenden ein, durch ihre eigenen Beiträge zu partizipieren. Auf Distanz ist es hilfreich Erwartungen zu klären und transparent zu formulieren. Dabei helfen Ziele und Teilziele mit messbaren Kriterien, welche auch erreicht werden können. Geben Sie auf Erfolge und Misserfolge unmittelbar Rückmeldungen, lassen Sie jedoch konsequent die Lernenden ein, die eigene Sicht auf die geleistete Arbeit mitzuteilen. Dies kann je nach dem schriftlich (Chat, Mail, etc.) oder auch mündlich (Videocall, Sprachnachricht, etc.) geschehen.

 

Haltung

Positive Menschen sind für Lernende besonders in dieser Zeit viel Wert. Sprechen Sie ganz konkret über die schönen Seiten und Auswirkungen der aktuellen Lage. Übrigens, eine gesunde Portion Humor macht die Situation entspannter und schafft eine angenehme Stimmung. Etwas wirklich Positives in dieser Zeit sind die Chancen, welche Lernende erhalten, um sich zu beweisen. Jetzt sind die Möglichkeiten, hier Selbstverantwortung zu lernen und sich in diesem Thema zu profilieren. Sprechen Sie mit den Lernenden über diese Tatsache und teilen sie ihre eigenen Gedanken dazu.

 

Möglichkeiten schaffen

Es bietet sich an die Lernenden Methoden ausprobieren zu lassen, damit sie einen eigenen Wege finden, um ihre Arbeit zu erledigen. Reflektieren Sie mit den Lernenden gemeinsam über den Weg, welcher zum Ziel oder (noch) nicht zum Ziel geführt hat. Bestätigen Sie diese Wege und leiten Sie die Lernenden durch das formulieren von offenen Fragen in die Reflektion darüber. Die Lernenden sollen für die nächsten Aufgaben die Learnings benennen, welche in einer nächsten Arbeit umgesetzt werden.

Nicht alle Lernende schaffen die Herausforderungen im Alltag ohne Unterstützung. Wenn Lernende Aufgaben nicht aus Eigeneinitiative schaffen, geben Sie Unterstützung nach dem Motto „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“.

 

Kommunikationskanäle

Benötigen Lernende die Unterstützung der Berufs- oder Praxisbildenden, soll dies zeitnah über ein Video-/Messengertool unkompliziert möglich sein. Jugendliche verlieren Interesse an der Sache, wenn sie in der Warteschlaufe landen. Videotools sind für Besprechungen den Telefonen vorzuziehen. Die Möglichkeiten Menschlichkeit und „Nähe“ zu zeigen steigt dadurch. Zusätzlich erhalten Sie einen Eindruck über Ihre Lernenden.

Nicht nur die Arbeit und die erbrachte Leistung stehen bei diesen Besprechungen im Vordergrund, sondern auch das Wohlbefinden von Lernenden. Sprechen Sie mit ihnen über die Rahmenbedingungen im Homeoffice, über die schönen und tollen Seiten, aber auch über die Herausforderungen. Seien sie dabei offen und transparent, sprechen Sie auch über die eigenen Herausforderungen. Zeigen Sie Wertschätzung, wenn Lernende Einblick in ihr Denken und Fühlen geben. Sprechen Sie bei Irritation im Verhalten offen und mit einer Portion Fingerspitzengefühl darüber.

 

Herausfordernde Situationen

In den letzten Tagen haben uns durch die Medien immer mehr Nachrichten über die Auswirkungen der Pandemie auf Jugendliche erreicht, welche aufschrecken. Jugendliche stecken die Corona-Krise nicht einfach locker weg. Die Einschränkungen betreffen Ihr Leben stark. Jugendliche nehmen Veränderungen sensibler wahr als Erwachsene. Das gemeinsame, soziale „Hängen“ findet nur noch auf digitalen Plattformen statt. Auch das Angebundensein an das eigene Zuhause stellt eine Herausforderung dar. In der wichtigen Phase der Ablösung können sie dem eigenen Umfeld fast nicht ausweichen. Deshalb ist es wichtig, Jugendliche offen und mit einer grossen Senisbilität über Veränderungen im Positiven und Negativen unmittelbar anzusprechen. Warten Sie nicht zu lange. „Do less sooner“ soll hier die Devise sein. Denn gerade in den Zeiten von Homeoffice kann ein sozialer Druck, oder eine psychisch belastende Situation im Umfeld, die Leistung von Lernenden stark beeinflussen. Lernende könne sich in diesen Situationen wenig aus dieser befreien. Ansprechen ist herausfordernd, da im Schatten der Situation genau die „Gefahr“ lauert. Offenheit und Transparenz ist schwierig. Manchmal würden Lernende gerne ein Thema ansprechen, sind jedoch in einer „Gefahrensituation“ weil das Umfeld mithören kann. Auch wenn Sie als Berufsbildner:in versuchen Veränderungen anzusprechen, öffnen sich die Lernenden kaum. Dann braucht es eine Schippe mehr Menschlichkeit. Laden Sie die Lernenden für einen Spaziergang ausserhalb dem gewohnten Rahmen ein. Betreten Sie eine neutrale Zone, nehmen Sie das Gespräch auf durch Wertschätzung und drücken Sie Freude über die Möglichkeit aus, gemeinsam den Austausch durchzuführen. Seien Sie offen und hören Sie wertefrei zu.

Geben Sie Unterstützung wo Überforderung in der Situation vorhanden ist, informieren Sie das Gegenüber über die Möglichkeiten im Umgang mit der Situation und allfälligen Hilfemöglichkeiten. Wenn Lernende professionelle Hilfe benötigen ermutigen Sie sie dazu, machen Sie sie darauf aufmerksam. Oftmals kann ein Arztbesuch helfen, für einen ersten Schritt. Bieten Sie Hilfe an, wo Lernende selber nicht in der Lage sind, sich Hilfe zu holen. Bieten Sie an, die Lernenden zu einem Termin zu begleiten. Sprechen Sie die Lernenden auf mögliche unterstützende Personen in ihrem Umfeld an, welchen sie vertrauen und sie in diesem Prozess unterstützen.

Vereinbaren Sie einen nächsten Austausch, um über bereits vollzogene Schritte in der Situation zu sprechen.

Menschlichkeit braucht vor allem eines: ein grosses Herz.

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Autor:in

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Simon Hausammann

Simon Hausammann ist Geschäftsführer bei der Berufsbildner.ch AG. Durch sein jahrelanges Engagement bei der Ausbildung von Berufsbildnerinnen und Berufsbildner weiss er, worauf Betriebe und Berufsbildner*innen achten müssen!

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