Das Thema Lehrvertragsauflösung ist in den letzten Jahren immer mehr in den Vordergrund gerückt. Es stellt für betroffene Jugendliche aber auch Lehrbetriebe oftmals eine Belastung dar. Gemeinsam mit der ETH Zürich haben wir in Form des Lehrstellenpuls 2'162 Lehrbetriebe befragt und wollten anhand der Resultate verstehen, was die Hintergründe sind und wie wir Unternehmen – vor allem aber auch Jugendliche – besser unterstützen können. Hier die Resultate.
In diesem Blog-Beitrag:
Wie viele Lehrverträge werden vorzeitig aufgelöst?
Gemäss dem Bundesamt für Statistik werden rund 22% aller Lehrverträge vorzeitig aufgelöst. So gaben bei unserer Umfrage auch über 21% der befragten Unternehmen an, mit mindestens einem/r Lernenden den Vertrag aufgelöst zu haben.
Was sind die meistgenannten Gründe?
- Anforderungen an Soft Skills (z.B. Motivation, Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit)
-
Ungenügende schulische Leistung
- Gesundheitliche/Psychische Probleme
- Ungenügende betriebliche Leistung
-
Falscher Beruf/Tätigkeit
Auf welche Warnsignale man früh achten sollte, erfahren Sie in unserem Podcast mit Andrea Ruckstuhl.
Wann werden die meisten Lehrverträge aufgelöst?
Am häufigsten werden die Lehrverträge im zweiten Lehrjahr und im ersten Lehrjahr nach Ende der Probezeit aufgelöst. Nach dem überstandenem zweiten Lehrjahr gibt es sehr wenige Auflösungen.
Abbildung 1: Yousty-Umfrage mit 1160 teilnehmenden Lehrbetrieben (Quelle: Yousty 2019)
Verhinderungs-Tipps von Lehrbetrieben
Eine erste Massnahme kann man bereits bei der Rekrutierung treffen. Lassen Sie sich Zeit bei der Evaluation. Zeigen Sie nicht nur die Sonnen- sondern auch die Schattenseite des Lehrberufs. So erfahren die Jugendlichen bereits vor Antritt der Lehre realitätsnah, was auf sie zukommt.
Diese weiteren Massnahmen haben wir für Sie zusammengetragen:
Schulische Leistungen
- Verschaffen Sie sich einen Überblick von den schulischen Leistungen. Lassen Sie ungenügende Noten von Ihnen unterschreiben.
- Unterstützen Sie die Jugendlichen mit Stützkursen.
- Besprechen Sie Möglichkeiten wie z.B. der Wechsel in die EBA-Lehre.
- Nutzen Sie die sozialen Dienste der Schulen und Ämtern.
Betriebliche Leistungen
- Nehmen Sie sich wöchentlich eine Stunde Zeit für ein Gespräch mit den Lernenden. Sprechen Sie über Geschäftliches – und falls möglich über Privates. Das schafft Nähe und verbessert das gegenseitige Verständnis.
- Bei anfänglichen Schwierigkeiten kann die Probezeit um 3 Monate verlängert werden.
- Geben Sie dem/der Lernenden ein realistisches Bild des Lehrberufs
- Suchen Sie das regelmässige Gespräch mit den Eltern. Schwierige Situationen zu Hause oder im Privatleben können einen grossen Einfluss auf die Leistung und Motivation eines Jugendlichen haben.
- Stärken Sie das Verhältnis zwischen dem/der Lernenden und Berufsbildner:in
- Erstellen Sie quartalsweise eine Zielvereinbarung. Diese wird vom Lehrbetrieb, Lernenden und den Eltern unterschrieben.
Interview mit Andrea Ruckstuhl von Job Caddie
Wir durften zu diesem Thema mit Andrea Ruckstuhl von Job Caddie Zürich Gespräche führen.
Fazit
Nicht jeder Lehrabbruch respektive Lehrunterbruch kann verhindert werden. Geben Sie den Jugendlichen die Möglichkeit, sich bereits vor der Bewerbung über die Ausbildung bei Ihnen zu informieren. Durch eine überlegte Selektion können Sie eine gute Grundlage schaffen, dass Sie passende Lernende finden, welche wissen, was in der Lehre ansteht. Bei schulischen Schwierigkeiten ist ein Wechsel in die EBA-Lehre eine gute Option. Die Umfrageteilnehmer haben diesbezüglich sehr gute Erfahrungen gemacht.
Lassen Sie sich nicht entmutigen und suchen Sie vor Lehrvertragsauflösung das Gespräch. Aufgrund schlechter Erfahrungen gar keine Lernenden mehr auszubilden, ist enorm schade und sollte nie die Option sein.
Erhebungsdaten